Die Beteiligten
Günter Knebel
Pensionierter Geschichtslehrer, Freier Autor
Ich bin am 8. Januar 1955 geboren, gehöre dementsprechend der Nachkriegsgeneration an, die nur noch die Folgen des Nationalsozialismus und des 2. Weltkrieges erlebt hat. Ich kann mich noch an zerstörte Häuser in Koblenz auf meinem Schulweg in den 60er Jahren erinnern.
Der Geschichtsunterricht meines Klassen- und Geschichtslehrers zu dem Thema beschränkte sich darauf, dass er seine Flucht als Soldat aus dem Osten anschaulich und für uns Jugendliche fesselnd schilderte.
Ich kann mich erinnern, dass wir bei meiner Oma in Alben mit Soldatenbildern geblättert haben, die von meinem Vater und seinen Brüdern stammten. Meine Oma war die einzige, die etwas Kritisches zum Verschwinden der Juden in der Nachbargemeinde Kobern-Gondorf erzählt hat.
Mein Vater, der über drei Jahre an der Ostfront gekämpft hat, hat wenig bis gar nichts über seine Kriegserlebnisse erzählt – wenn, dann eher negatives. Mit dem Militär hatte er abgeschlossen – Drill und blinden Gehorsam verabscheute er.
Nach meiner Schulzeit wollte ich mehr über die deutsche Geschichte und politische Zusammenhänge erfahren, deshalb habe ich beide Fächer (Geschichte und Politik) als Studiengänge gewählt.
Als Geschichtslehrer hat mich all die Jahre besonders die Zeit des Nationalsozialismus interessiert. Warum ließen sich so viele Menschen von der Propaganda der Nationalsozialisten begeistern? Warum waren die Gegner nicht im Stande, etwas dagegen zu tun? Wie war der beispiellose Völkermord an den Juden möglich? Warum haben so viele weggesehen, mitgemacht und anschließend nichts davon wissen wollen?
Mein Ziel als Lehrer war, dem Auftrag von Theodor W. Adorno zu folgen: „Die Forderung, dass Auschwitz nicht noch einmal sei, ist die allererste an Erziehung.“ Die Forderung ist evident, doch die entscheidende Frage ist, wie man das erreichen kann.
Die Rechtfertigung derer, die mitgemacht haben, lautete, dass sie Befehlen gehorchen mussten. Daher ist es zwingend notwendig – so Adorno – Kinder und Jugendliche zur Mündigkeit zu erziehen, die sich darüber bewusst werden, dass sie eigene Entscheidungen treffen können und müssen. Und das bedeutet dann auch, dass jeder Verantwortung für das übernimmt, was er getan hat.
Seit 2017 organisiere ich Gedenkstättenfahrten nach Auschwitz mit Schülergruppen der Cesar-Klein-Schule Ratekau und des Ostseegymnasiums Timmendorfer Strand. Ich möchte damit einen kleinen Beitrag dazu leisten, dass Auschwitz nicht noch einmal sei.
Unser Projekt Dahin wie ein Schatten folgt der Mahnung des Philosophen George Santyana „Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen“.
Katharina Spuida-Jabbouti
Freiberufliche Filmemacherin [Konzept • Dreh • Schnitt] Imagefilm / Erklärvideo / Videodesign
Bevor es mich zum Film trieb, studierte ich ganz „ordentlich“ Musik- und Literaturwissenschaften und gab ein kurzes Intermezzo am Theater als Regieassistentin. Bereits während meines Studiums habe ich nebenberuflich bei einer Casting-Agentur gearbeitet und mir dort viele Fähigkeiten im Bereich des Filmens und der Fotografie sowie der Postproduktion und Nachbearbeitung eigenständig erarbeitet.
Als Kamerafrau und Filmemacherin bin ich seit 2004 nebenberuflich und seit 2014 hauptberuflich unterwegs. Ich erstelle Kurzfilme, Image- und Werbefilme und Erklärvideos für Firmen und Unternehmen, sowie Mitschnitte und Video-Trailer für Theater und Veranstaltungen.
Das Projekt „Dahin wie ein Schatten“ begleite ich seit Herbst 2021 mit der Kamera. Der Film soll insbesondere die Signifikanz zeigen, warum Jugendliche sich auch heute noch mit dem Thema „Holocaust“ beschäftigen müssen und dass die eigentliche Problematik und alle dazugehörigen Aspekte wie Minderheitenbildung, Diskriminierung, Ausgrenzung und viele weitere Themen immer noch aktuell sind. So habe ich die Workshops mit den LehrerInnen und der Theaterpädagogin begleitet, in denen an diesen Themen sowohl geschichtlich als dann auch im direkten Bezug zum Alltag der Jugendlichen gearbeitet wurde. In Interviews stellte ich immer wieder Fragen, die den Jugendlichen die Chance gab, noch einmal individuell und sehr direkt zu reflektieren, was in der Gruppe teilweise schon erarbeitet wurde. Es wurden szenische Bilder zu den Lübecker Familien erarbeitet und filmisch dokumentiert. In einem weiteren Schritt habe ich die SchülerInnen bei ihrem Workshop im Atelier des Künstlers Winni Schaak gefilmt, an dem die ersten Schritte für das geplante Mahnmal gemeinsam mit den SchülerInnen getätigt wurden. Der Film wird ein Querschnitt sein durch die Arbeit, die die Jugendlichen geleistet haben, er wird aber auch zeigen, warum es immer noch wichtig ist, dieses Wissen auch gerade jungen Menschen zu vermitteln.
Uta Düppe
Lehrerin an der Cesar-Klein-Schule Ratekau für die Fächer Deutsch, Weltkunde und DAZ
Jahrgang 1970, ich bin sehr an Geschichte interessiert – trotz des Geographiestudiums. Ich habe schon als Jugendliche Bücher von Überlebenden gelesen und war bereits als Studentin das erste Mal in der Gedenkstätte Auschwitz. Auch als Lehrerin ist mir die Beschäftigung mit der Zeit des Nationalsozialismus ein wichtiges Anliegen.
Janina Blohm-Sievers
Theaterpädagogin - Schauspielerin -studierte Psychologin
Ich binTheaterpädagogin und Schauspielerin und studiere Psychologie. Die Kraft des Theaters mit seiner Bildsprache eröffnet den Agierenden Deutungsebenen kann durch ihre Unmittelbarkeit Phänomene auf den Punkt bringen. Die Bildsprach dient ihr als Mittel um Dinge, die zwischen Menschen passieren, zu erforschen und erfahrbar zu machen.
Im Rahmen von „Dahin wie ein Schatten“ habe ich die Eindrücke und Reaktionen der Schüler:innen in den Blick genommen und gemeinsam mit ihnen Anknüpfungspunkte zwischen der dunkelsten deutschen Vergangenheit und ihrer heutigen Realität gesucht.
Winni Schaak
Bildhauer - Sculptor
Ich bin in Kropp (Kreis Schleswig-Flensburg) geboren. Der Tradition meiner Familie folgend erlernte ich das Schmiedehandwerk in 4. Generation. In den Jahren 1984/85 war ich als Schmied auf Wanderschaft und konnte in verschiedensten Betrieben im In- und Ausland meine Kenntnisse im Schmieden vertiefen. 1985/86 erwarb ich meine Meistertitel sowohl im Schmiede- als auch Schlosserhandwerk in Lüneburg. Von 1986 bis 1990 habe ich in Aachen Bildhauerei bei Prof. Wolfgang Bier studiert und 1990 das Studium mit dem Diplom Objektdesign abgeschlossen.
Seit 1992 arbeite ich als freischaffender Bildhauer. Bis heute habe ich meine Arbeiten in verschiedenen Ausstellungen präsentiert und öffentliche Anerkennung durch mehrere Preise erfahren. Mittlerweile befinden sich im In- und Ausland ca. 40 Skulpturen im öffentlichen Raum. Bisher habe ich zweimal Mahnmale realisieren können: 2002 das Mahnmal Wellenwand in Francop/Hamburg anlässlich des 40. Jahrestages der Flutkatastrophe in Hamburg, bei der 315 Menschen ihr Leben verloren. Das Mahnmal steht genau an dem Platz, an dem der größte Deichbruch zu beklagen war. 2018 das Mahnmal Doppelstele Frieden vor der St. Nicolaikirche in Hannover-Bothfeld. Diese Stele soll sich nicht an das Erinnern auf Kriegsopfer reduzieren, sondern den Fokus breiter setzen und generell auf Opfer durch Gewalt und Unrecht aufmerksam machen.
Die Mitarbeit beim Projekt „Dahin wie ein Schatten“ empfinde als Herausforderung in dreierlei Hinsicht. Zum einen empfinde ich es als besondere Ehre für Opfer des Holocausts ein Erinnerungsmal zu erschaffen. Zum zweiten ist es eine besondere Herausforderung zusammen mit Schülerinnen und Schülern Ideen für das Mahnmal in konkrete Formen zu verwandeln und schließlich war es mir immer ein Anliegen den Opfern des Holocaust ihre Identität zurückzugeben, was mir nun zusammen mit den am Projekt beteiligten Schülerinnen und Schülern für diese zwei Lübecker Jugendlichen – Hanna und Hermann Mecklenburg – gelingt.
Andrea Finke-Schaak
Lehrerin für die Fächer Englisch und Geschichte in der Sek II
Mein Name ist Andrea Finke-Schaak.
Ich bin Lehrerin für die Fächer Englisch und Geschichte in der Sek II und unterrichte seit 2008 am Ostsee-Gymnasium Timmendorfer Strand.
Direkt nach dem Abitur 1983 habe ich als Volontärin im Kibbutz Na’an in Israel gearbeitet. Dort habe ich als junge Frau zum ersten Mal in meinem Leben Menschen getroffen, die den Holocaust überlebten und mir ihre in Auschwitz eintätowierten Nummern zeigten. Diese Gespräche haben tiefen Eindruck bei mir hinterlassen und haben dazu geführt, dass ich mich seither engagiert gegen das Verdrängen, Vergessen und Verschweigen und für die Erinnerung an die Gräueltaten während des Nationalsozialismus einsetze. Diese Erlebnisse waren auch ein wichtiger Grund, mich für ein Geschichtsstudium zu entscheiden. Seit 2015 finden auf meine Initiative regelmäßig feierliche Gedenkveranstaltungen zum Holocaust-Gedenktag an unserer Schule statt, an denen bisher verschiedene Überlebende zu Oberstufenschülerinnen und Schülern gesprochen haben. Wir orientieren uns vom Ablauf her an die Gedenkveranstaltung im Deutschen Bundestag. Seit 2017 kooperiert meine Schule mit der Nachbarschule (Cesar-Klein-Schule) zum Thema Erinnerungsarbeit. Schüler unserer beiden Schulen fahren gemeinsam zur Gedenkstätte Auschwitz und haben begonnen, sich auf Spurensuche jüdischer Jugendlicher aus Lübeck zu begeben. Dabei entstand das Projekt Dahin wie ein Schatten …
In meiner Schulzeit wurde das Thema Nationalsozialismus nur am Rande erwähnt, das Wort Holocaust habe ich zum ersten Mal gehört, als der gleichnamige vierteilige Film zur besten Sendezeit im Jahre 1979 ausgestrahlt wurde. Ich wollte eine andere Geschichtslehrerin werden, eine, die sich dafür einsetzt, heutigen Jugendlichen dieses Thema zu vermitteln, in der Hoffnung, dass unsere Schüler und Schülerinnen wachsam sein, sich für unsere Demokratie einsetzen und Zivilcourage in brenzligen Situationen zeigen mögen.