Gedenkstättenfahrt 2021

Die Gedenkstättenfahrt 2021

Dienstag, 14.09.2021

Am 14. September 2021 trafen wir, 10 Schüler*innen des Ostsee-Gymnasium Timmendorfer Strand, 9 Schüler*innen der Cesar-Klein-Schule sowie eine Schülerin des Katherineums zu Lübeck und unsere drei begleitende Lehrkräfte, Frau Finke-Schaak, Frau Düppe und Herr Knebel, uns an der César-Klein-Schule in Ratekau.  

Das war der Beginn unserer Fahrt zur Gedenkstätte Auschwitz nach Oświecim, auf die wir
alle sehr gespannt waren und auf die viele auch schon länger warten mussten, da die Fahrt
schon zweimal aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt werden musste. Daher war jeder
von uns sehr froh, dass es dieses Mal endlich geklappt hat.

Unser erster Stopp war Berlin. Um ca. 12 Uhr erreichten wir unser Hostel Pfefferbett im
Stadtteil Prenzlauer Berg. In Berlin ging es um die Begegnung mit jüdischem Leben vor und während der NS-Zeit sowie
um das Thema Berlin im Faschismus. Unser Programm begann mit der Stadtführung „Faschismus im Stadtbild“. An der Humboldt
Universität trafen wir unseren Guide Jeffrey. 

Wir standen am Platz, wo tausende Bücher jüdischer Schriftsteller und Bücher mit verbotenen Inhalten verbrannt wurden. Als Denkmal an dieses Ereignis war im Boden dieses Platzes ein Raum eingelassen, in welchem leere weiße Regale standen. Man konnte sie durch eine Glasscheibe im Fußboden sehen. Dieses Mahnmal fanden wir alle sehr ausdrucksstark.


Es ging weiter durch die Straßen Berlins, wo wir verschiedenste Orte sahen, welche in der NS-Zeit in irgendeiner Weise Bedeutung erlangten. So gingen wir beispielsweise zum Hausvogteiplatz, wo im Jahre 2000 das Erinnerungsmal „Denkzeichen Modezentrum“ eingeweiht wurde. Hier waren seit dem 19. Jh. viele jüdische Modegeschäfte ansässig, die dann nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten Ziel zahlreicher Aggressionen und gravierender Diskriminierungen waren. Behinderungen in Form von Boykottwachen uniformierter SA-Truppen, die vor den Ladentüren potenzielle Kunden nicht hineinließen und bedrohten, waren an der Tagesordnung. Um die Geschäftsleute zum Aufgeben ihrer Läden und somit ihrer Existenz zu bewegen, wurden Verordnungen und Erlasse zur Behinderung der Geschäftsfähigkeit veranlasst. Diese Schikanen hatten ihren traurigen Erfolg: Juden mussten ihre Betriebe weit unter Wert verkaufen. Das heutige Mahnmal besteht aus zwei Teilen: Auf dem Platz stehen drei Standspiegel aus Edelstahl, die an Ankleidespiegel erinnern. In der Mitte davon befinden sich im Boden drei metallene Texttafeln, die über die Bedeutung und das Schicksal der jüdischen Unternehmer und Angestellten informieren, die hier tätig waren. Der zweite Teil des Denkmals ist auf den Stufen des U-Bahn-Ein- und Ausgangs zu finden. Auf 19 Schildern sind hier jüdische Unternehmen aus der Umgebung aufgelistet, die jeder U-Bahnbesucher, der die Stufen hinaufsteigt, lesen kann. Wir fanden das Thema ausgesprochen treffend umgesetzt. Eine würdige Erinnerung.

Hier unser Besuch der Neuen Wache Berlin. Die Neue Wache diente bis 1918 als „Haupt- und Königswache“ und wurde trotz aktiver Benutzung als ein Denkmal für die „Befreiungskriege“ verstanden. Im Jahre 1931 bestimmte Reichspräsident Paul von Hindenburg, dass aus dem Gebäude ein Ehrenmal für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges entstehen sollte. Nachdem die Wache im Zweiten Weltkrieg fast vollständig zerstört wurde, ließ die DDR-Führung das Gebäude rekonstruieren und im Jahre 1960 zu einem Mahnmal für die Opfer des Faschismus und des Militarismus umgestalten. Im Innern brannte eine „Ewige Flamme“ über den Urnen eines unbekannten KZ-Häftlings und eines unbekannten Soldaten. Seit 1993 befindet sich im Innern die Skulptur „Mutter mit totem Sohn“ von Käthe Kollwitz und erinnert an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft. Die Tour endete an der Mohrenstraße, wo im Nationalsozialismus das Reichsluftwaffenministerium stand.

Die Tour endete an der Mohrenstraße, wo im Nationalsozialismus das Reichsluftwaffenministerium
stand. Nach der Rückkehr ins Hostel, teilten wir die Zimmer ein und machten uns bereit für den
Besuch des Jüdischen Museum Berlins. Unsere Gruppe wurde in zwei Teile geteilt, jede Gruppe wurde von einem Guide durch die
ausdrucksvolle Ausstellung geführt. Als allererstes erschlug uns die unfassbare Architektur, welche
sich durchs ganze Gebäude zog und Rückschlüsse auf den Inhalt des Museums schließen ließ. Die zwei Führungen drehten sich um die Themen Égalite und Katastrophe. Wir erfuhren über das jüdische Leben in Deutschland vor dem 18. Jahrhundert. Außerdem betraten wir den Garten des Exils. Dieser Eindruck war unbeschreiblich, man fühlte sich klein und erdrückt. Der unebene Boden
machte es einem schwer, Halt zu finden. Die Tour war sehr bewegend und öffnete einem die Augen über das vielfältige jüdische Leben vor der Zeit des Nationalsozialismus. Unser Guide war ein älterer Jude. Als wir in einen Museumsraum eintraten, an deren Wand Bildschirme ausgestellt waren, auf denen verschiedene jüdische Personen, die heute in Berlin leben, zu sehen und zu hören
waren und diese Bildschirmpersonen plötzlich ein jüdisches Lied sangen, sang unser Guide
mit. Das war eine besondere schöne Stimmung. Wir ließen den Abend als Gruppe in einem indischen Restaurant, wo wir unser Abendessen
einnahmen, ausklingen. Wir sprachen viel über unsere Eindrücke und genossen die Zeit
zusammen. Es war ein sehr ereignisreicher Tag und ein guter Start in die Thematik unserer Reise.
Fortsetzung folgt …

Mira Pruss, Q2c

Mittwoch, 15.09.2021 

Am Mittwochmorgen trafen wir uns pünktlich um 7:30 Uhr in der Lobby des Hostels Pfefferbett in Berlin. Nach einem ausgiebigen und leckeren Frühstück machten wir uns auf den Weg zur Ausstellung „Topographie des Terrors“. Das neugebaute Museum liegt auf dem Gelände der ehemaligen Prinz-Albrecht-Straße 8 (heute: Niederkirchnerstraße 8) gegenüber dem Abgeordnetenhaus von Berlin und neben
dem Gropiusbau im Ortsteil Kreuzberg. Dort befand sich die Zentrale der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) in der ehemaligen Kunstgewerbeschule. In unmittelbarer Nachbarschaft lag das Prinz-Albrecht-Palais in der Wilhelmstraße 102, das seit 1934 zur
Zentrale des Sicherheitsdienstes (SD) der SS und ab 1939 auch des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA) wurde. Nach der Ankunft wurden wir wie schon am Vortag in zwei Gruppen aufgeteilt und bekamen eine ausführliche Führung durch die Ausstellung. Im Mittelpunkt Ausstellung stehen die zentralen Institutionen von SS und Polizei im „Dritten Reich“ sowie die von ihnen europaweit
verübten Verbrechen. In der Ausstellung wurde anschaulich herausgearbeitet, wie aus vermeintlich „normalen Bildungsbürgen“ Täter wurden, die den größten Massenmord der Menschheitsgeschichte organisiert und begangen haben. Nach der 1 ½ stündigen Führung wurde uns die Möglichkeit gegeben, in Kleingruppen Berlin
zu erkunden. 

Um 14 Uhr trafen wir uns alle wieder am Hackeschen Markt zu einer Stadtführung zum Thema „Jüdisches Leben in Berlin“. Auch hier wurde die Gruppe wieder in zwei Untergruppen geteilt, die unter der Führung der
beiden Guides nacheinander eine ähnliche Tour zu den wichtigsten Orten des jüdischen
Lebens in Berlin vor der NS-Zeit machten. Die Führung startete bei der alten Synagoge, die in der Mitte des 17. Jahrhunderts errichtet
wurde, nicht durch die Pogromnacht 1938 beschädigt wurde, aber dann 1942 einem Bombenangriff zum Opfer fiel. Die Tour führte durch die Hackeschen Höfe, die zum größten Teil dem jüdischen Kaufmann Jakob Michael gehörten, der kurz vor der Machtergreifung
emigrierte. Im Jahre 1940 wurden die Hackeschen Höfe zwangsversteigert. Dann ging es weiter am jüdischen Gymnasium Moses Mendelssohn vorbei zur neuen Synagoge in der Oranienburger Straße, wo sich dann auch beide Gruppen wieder trafen. Die Führung
verdeutlichte, dass es in Berlin kein „jüdisches Viertel“ gab, sondern dass sich das jüdische Leben durch ganz Berlin erstreckte. Im Anschluss darauf wurde uns Schüler*innen die Möglichkeit gegeben, ob wir trotz des Regens, der während der Führung einsetzte, noch das Holocaust-Mahnmal besichtigen wollten oder auf eigene Verantwortung den Weg zurück zum Hostel antreten wollten. Auch
hier bildeten sich wieder zwei etwa gleich große Gruppen und meine Gruppe machte sich auf den Weg ins Regierungsviertel Berlins. Dort angekommen gingen wir durch das Brandenburger Tor und besichtigten dann das beeindruckende Holocaust-Mahnmal, das uns einen ersten Eindruck des Gefühls geben sollte, dass wir auch in Auschwitz-Birkenau haben würden. Hier
standen wir inmitten eines großen Felds von unterschiedlich großen Stelen, in Auschwitz-Birkenau standen wir auf einem riesigen Lagergelände, das kein Ende nehmen wollte. Wir gingen jeder für sich durch das Stelenfeld und trafen uns nach 10 Minuten, um über unsere Empfindungen beim Durchschreiten des Stelenfeldes zu sprechen. Diese gemeinsamen
Reflexionen habe ich als sehr hilfreich empfunden. Wir wollten ebenfalls das Mahnmal für die ermordeten Roma und Sinti anschauen, leider war dieses durch einen Zaun versperrt.

Zum Abschluss besichtigten wir noch den Ort, an welchem sich zum Ende des Krieges die führenden Nazis versteckt hielten: den Führerbunker. Dieser Ort ist heute ein unscheinbarer Parkplatz und nur durch eine Tafel gekennzeichnet, was uns erst ein wenig verwirrte, dann allerdings von allen als sehr richtig empfunden wurde, da dies sonst eine Pilgerstätte für ewig Gestrige hätte werden können. Nachdem wir mit der U-Bahn wieder zum Hostel zurückgekehrt waren, aßen wir nach einer
kleinen Pause in einem vorzüglichen Restaurant mit vietnamesischer Küche und kehrten
dann beeindruckt und erschöpft vom Tag und dem Gelernten zurück ins Hostel.
Fortsetzung folgt … 

Tillmann Oldenburg, Q1d

Donnerstag, 16.09.2021
Heute ist der 16. September 2021. Unser Ziel ist es, Oświecim in Polen zu erreichen. Unsere Gruppe kannte sich jetzt nach zwei Tagen Berlin schon etwas besser und wir kamen gut miteinander zurecht. Um ca. 8 Uhr gingen wir mit gepackten Koffern aus dem süßen Hostel
Pfefferbett und stiegen in den Bus. Die Stimmungen im Bus waren sehr unterschiedlich. Viele von uns
waren sehr gespannt auf unsere Herberge und können das Essen kaum erwarten, andere sind in Gedanken verschlungen und dachten zurück an die Vorbereitung in Berlin und an das, was vor uns lag. Während der Fahrt reden wir viel und haben Spaß. In Polen gab es viele Baustellen und infolgedessen viele Staus. Am Ende kamen wir mit 3,5 Stunden Verspätung in der Jugendbegegnungsstätte
Oświecim an. Die lange Fahrt hat uns als Gruppe aber noch mehr zusammen gebracht. Um 19:45 Uhr sind wir
endlich an unserem Ziel angekommen und um 20:15 Uhr saßen wir alle hungrig in unseren
Essensbereich. Es gab Brot, Aufschnitt, Gemüse und vor allem hausgemachte polnische Piroggen –eine traditionelles Gericht. Die lecker gefüllten Teigtaschen waren schnell weg und sind bei uns jetzt
sehr beliebt. Während der Busfahrt wurden wir in fünf verschiedene Gruppen eingeteilt. Jede Gruppe bekam eine spezielle Frage, die als Ausgangspunkt gedacht war, um innerhalb der Kleingruppe und später dann in der Großgruppe miteinander ins Gespräch zu kommen. Hier nun die Fragen und eine Auswahl unserer Antworten:

Was war Ausschwitz?

Auschwitz war nicht nur ein Konzentrationslager, sondern auch ein Vernichtungslager, ein
Arbeitsplatz, ein Ort der Verzweiflung, des Leidens und der Angst.

Wer waren die Opfer/ Häftlinge von Auschwitz?

Juden, Sinti&Roma, Gegner des Regimes: politisch Verfolgte (vornehmlich Sozialdemokraten
und Kommunisten), „Asoziale“, Menschen aus den unterschiedlichsten Gründen z.B. Menschen
ohne festen Wohnsitz, Prostituierte; Homosexuelle oder sogar Verkehrssünder.

Warum ist Auschwitz der wichtigste Gedenkort zu den NS Verbrechen?

Auschwitz ist das einzige Lager gewesen, welches nicht nur als Konzentrations-, sondern auch als
Vernichtungslager diente und mit ca. 1,1 Millionen getöteter Menschen, sich als das Lager mit
den meisten Ermordungen einen „Namen machte“.

Was erwartest Du von Dir/für dich beim Besuch von Auschwitz?

Wir erwarten eine Fahrt, aus der wir viele neue Informationen und Erfahrungen mitnehmen
können, viel lernen, was wir so im Unterricht nicht erfahren haben.

Was erwarten wir zu lernen? Woraus können wir lernen?

Viele wollen wissen, warum es so viel Hass gab und wie er sich weiter entwickeln konnte.
Viele erhoffen, dass sie sich durch die Fahrt besser in die Perspektive der Opfer einfühlen
können, außerdem wollten einige verstehen lernen, warum so viele Menschen zu Tätern
werden konnten.

Abends trafen wir uns in der Bibliothek der Jugendbegegnungsstätte und basierend auf diesen fünf Fragen entwickelte sich schnell ein sehr anregendes Gespräch.

Fortsetzung folgt …
Käthe Marie Wieseler, Q1d

Freitag, 17.09.2021

Am Freitag, dem 17. September 2021, haben wir das Stammlager Auschwitz l besucht. Unser Tag begann damit, dass unser Guide Roland Vossebrecker uns einiges über Auschwitz allgemein und mit besonderem Fokus auf das Stammlager Auschwitz I erzählt hat. Auschwitz I wurde auf dem Gelände einer ehemaligen polnischen Kaserne errichtet. Die roten Backsteingebäude der ehemaligen Kaserne wurden von den Nazis übernommen und weiter ausgebaut. Dabei wurde vor allem deutlich, dass  vor allem Auschwitz-Birkenau (Auschwitz II) kein fertig erbautes Lager war, sondern ein Lagerkomplex, den die Häftlinge selbst erbaut haben, während der gesamten Zeit in ihrer Gefangenschaft. Es war eine endlose Baustelle, welche sich ständig weiterentwickelte. Roland las uns ein Zitat von Oskar Gröning, dem ehemaligen Buchhalter von Auschwitz, vor, in dem er sagt, dass „Auschwitz und seine Umgebung […] eine Kleinstadt mit Jubel, Trubel, Heiterkeit [war]“. Die Umgebung um Auschwitz sollte eine deutsche Musterstadt werden, die „von Deutschen gebaut, von Polen verschmutzt und von Juden geschändet“ worden war.

Wir näherten uns Auschwitz, indem wir zunächst die vergessenen Orte um Auschwitz herum besucht haben. So fuhren wir nach Harmeze, ein kleines Dorf unweit von Oświecim. Dort war eine landwirtschaftliche Versuchsstation gewesen. Roland erzählte uns, wie die Gefangenen hier gequält wurden. Es gab dort Fischteiche, die von den Gefangenen gereinigt werden mussten, das Schilf musste beschnitten werden, die Gefangenen mussten beispielsweise den ganzen Tag mit den Füßen im Wasser arbeiten, die Häftlingskleidung musste am Rand ausgezogen werden, wenn es regnete wurde die Kleidung nass, darauf nahm niemand Rücksicht. Wir standen – während wir Roland zuhörten – ebenfalls im Regen, nicht alle von uns hatten einen Regenschirm dabei, wir froren, wie muss es aber gewesen sein, Stunden im kalten Wasser zu arbeiten und dann völlig erschöpft und durchgefroren in nasse Kleidung steigen zu müssen.

Roland zeigte uns das Haus 7, ein Frauenhaus für die Freundinnen und Ehefrauen der SS-Wachen, dieses Haus befand sich außerhalb des Stammlagers. Wir sahen Überreste der Kruppfabrik, wo die Häftlinge arbeiten mussten – heute eine Industrieruine. Wir sahen das Wohnhaus des Architekten Bischof – ein bürgerliches Haus am Rand des Schreckens. 

Und wir sahen den Block 1, in dem gynäkologische Versuche an jüdischen Frauen durchgeführt wurden, es handelte sich dabei um Versuche zur Unfruchtbarkeitsmachung. Heute befindet sich in diesem Gebäude eine christliche Kirche, was für uns alle sehr befremdlich war.

Nach dem Mittagessen sind wir dann zum Stammlager Auschwitz I gefahren, welches nur ungefähr fünf Minuten Busfahrzeit von der Jugendbegegnungsstätte Oświecim entfernt war. Wir durchschritten als erstes das Schild „Arbeit macht frei“, das in jedem Geschichtsbuch zu finden ist, und erhielten unseren ersten persönlich Eindruck von dem Lager, in dem so viele so grausame Taten geschehen sind, die gar nicht in Worte zu fassen sind. Der Ort wirkte gespenstisch, da es sehr ruhig war. Im Lager angekommen haben wir unsere Guide Gabriela getroffen, die uns durch das Lager geführt hat. Dabei wurde deutlich, dass Auschwitz eine Gedenkstätte der Überreste ist, hier werden die Dinge aufbewahrt, die die Rote Armee am Tage der Befreiung gefunden hat. Das Stammlager ist heute ein Museum.

Gabriela berichtete, dass verzweifelte Häftlinge „in den Draht gegangen“ sind, was bedeutet, dass sie sich, wenn sie völlig verzweifelt waren,  gegen den Hochspannungszaun geworfen haben und so durch einen tödlichen Stromschlag der Zäune oder eines abgefeuerten Schusses eines SS-Mannes ums Leben gekommen sind. Diese Verzweiflung wurde uns erst richtig bewusst, nachdem wir eine alte Baracke im Stammlager betreten haben, die im Originalzustand (natürlich gereinigt)  belassen wurde. In dieser Baracke konnten wir uns in die Lebensumstände hineindenken, mit denen die Häftlinge fertig werden mussten. In den Betten haben teilweise drei und mehr Personen nebeneinander geschlafen. Aber so richtig nachfühlen kann man nicht, was diese Menschen an Grausamkeiten haben erdulden müssen.

Wir besuchten weitere Baracken, in denen die originalen Habseligkeiten der Häftlinge, die ihnen von den Nazis weggenommen wurden, ausgestellt wurden. Das waren nur die Gegenstände, die am Tage der Befreiung gefunden wurden und das war schon so unglaublich viel.  So waren in einer Baracke die Koffer ausgestellt, fein säuberlich mit Namen und Adresse der Häftlinge versehen, weil sie dachten, sie kämen wieder nach Hause. In einer anderen Baracke waren die Haare zu sehen, ein riesiger Berg Haare, die den Häftlingen abrasiert wurden. Dann gab es einen riesigen Raum, in dem die Brillen aufbewahrt wurden, in einem weiteren die Schuhe. Besonders berührt hat uns auch der Raum, in dem die Kinderschuhe ausgestellt wurden. All diese Räume waren sehr bedrückend.

Es gab in Auschwitz aber trotzdem kleine Zeichen von Menschlichkeit. So gab es das Beispiel eines christlichen Pastors, Pfarrer Kolbe, der sich als Freiwilliger meldete, um an der Stelle eines anderen zum Hungertod in der Stehkammer verurteilten Häftlings, dessen Strafe anzutreten. Dieses Martyrium dauerte zehn Tage, dann wurde der Pfarrer Kolbe mit einer Phenolspritze getötet. Der Familienvater aber hat tatsächlich Auschwitz überlebt. Pfarrer Kolbe war jedoch nur eines der mehr als eine Million zählenden Opfer von Auschwitz, das im „Buch der Namen“ zu finden ist.

Jedes Land, das eine Vielzahl an Opfern nationalsozialistischer Gewalt zu beklagen hat, hat im Stammlager eine eigene Ausstellung, die dieses Land selber gestalten kann. Das Buch der Namen befindet sich in der von Israel gestalteten Länderausstellung. Israel will damit den vielen Opfern wieder eine Identität zurückgeben. Von den 6 Mio. jüdischen Opfern während der nationalsozialistischen Diktatur sind 4 Mio. Namen bekannt.

Am Ende unseres langen Tages im Stammlager haben wir das einzig erhaltene Krematorium mit Gaskammer im Stammlager (also in Auschwitz I) besichtigt. Uns ist vor allem die Tatsache emotional sehr nahe gegangen, dass Frauen bei der Selektion nach der Ankunft nicht von ihren Kindern loslassen wollten und dann lieber den Gang in die Gaskammer gewählt haben, als ihr Kind allein zu lassen und so zusammen mit ihren Kindern in der Gaskammer getötet worden sind. Auch Frauen, die Fremde und allein gelassene Kinder an sich genommen haben, haben uns sehr berührt. Es zeigt, wie sehr eine Mutter ihr Kind liebt.

Zum Schluss des Tages hatten wir noch eine gemeinsame Reflexionsrunde in der Bibliothek der Jugendbegegnungsstätte, bei der wir das Gesehene und Gehörte gemeinsam verarbeitet haben. Diese abendlichen Reflexionsrunden fanden wir alle sehr hilfreich, weil wir unsere Gedanken miteinander teilen konnten.

Fortsetzung folgt …

Robert Jahr, Q1c

Samstag, 18.09.2021

Am Samstag, dem 18.09, sind wir morgens in das ehemalige KZ Auschwitz-Birkenau (Auschwitz II) gefahren. Unsere erste Station in Birkenau war die sog. Alte Rampe, eine Bahnrampe, dort standen noch zwei Viehwaggons, mit denen Tausende von Menschen nach Birkenau fahren mussten. Dort legten wir auch – ein alter jüdischer Brauch – unsere von der Ostsee mitgenommenen Steine ab. In diesem Moment und bei dem Gedanken, dass das Leben von so vielen Familien ab diesem Zeitpunkt auf grausame Weise zu enden begann, kamen mir immer wieder die Tränen.

Hier zwei Steine – einen für die Familie von Frau Atzmon und einen für die Familie von Frau Szepesi – Frau Atzmon und Frau Szepesi waren unsere Gäste am Holocaust-Gedenktag.

In Birkenau waren wir als erstes in den Frauenbaracken.

Es war sehr erschreckend zu sehen, wie viele Frauen unter welchen Umständen in den „Betten“, welche mit Glück einfache Holzbretter waren, schlafen und leben mussten. Mit Pech war der Untergrund die kalte Erde, und bei richtig viel Pech, gab es dann noch nicht einmal Stroh zum Wärmen. Es wurden immer drei Etagen übereinander in die Mauern eingelassen. In diesen „Betten“ mussten dann bis zu 9 kranke, verlauste, frierende und abgemagerte Menschen schlafen.

Nach den Frauenbaracken haben wir uns die Sanitäranlagen angeschaut. Diese Sanitärbaracken gab es nicht von Anfang an, wie wir erfahren haben, waren doch Auschwitz und insbesondere Birkenau ewige Baustellen, die Sanitäranlagen wurden erst sehr spät eingerichtet. Davor gab es Abflussrinnen oder Latrinengruben unterm freien Himmel und überall lag Dreck herum. Der Gestank muss furchtbar gewesen sein.

Am schlimmsten waren für mich die Kinderbaracke. An den Wänden der Kinderbaracke wurden Malereien aufgetragen, damit sich die Kinder „wohler“ fühlen. Vorspiegelung einer nicht vorhandenen Idylle. Auch die Kinder mussten genau wie die Frauen unter den gleichen menschenunwürdigen Umständen in solchen Betten leben. Wenn man aber – wie oben geschrieben – Pech hatte, musste man auf dem Lehmboden schlafen, welcher im Winter gefroren war und der ganze Schmutz von den oberen Etagen fiel auf die ganz unten liegenden Kinder herunter. Die Vorstellung und mit eigenen Augen zu sehen, dass Kinder, getrennt von ihren Müttern, so „leben“ mussten, hat uns alle wirklich schockiert.

Anschließend sind wir zu den Männerbaracken gegangen. Auf unserem Rundgang beschäftigte uns immer wieder das Thema „Die Schuld des Überlebens“. Denn jeder Bissen Brot, welchen ein Überlebender isst, bekommt ein anderer nicht. Und genau dieser andere hätte vielleicht genau diesen einen Bissen zum Überleben brauchen können. Außerdem plagte Überlebende immer wieder die Frage „Warum ich? – Warum durfte ich überleben und ein anderer nicht? Warum mussten meine Kinder, meine Frau, meine Familie sterben? Und wieso darf ich jetzt weiterleben?“ Wir haben viel an diesem Tag über Birkenau gelernt, aber was uns alle überwältigt hat, war  die Größe dieses Lagers, was unsere Vorstellungen bei weitem übertroffen hat. Wir haben auch begriffen, dass die Qual der Häftlinge dort noch so viel schlimmer gewesen sein muss, als ich es mir jemals vorstellen könnte. Außerdem sind uns Dinge, wie Krankheiten im Lager oder das Zusammenleben mit Insekten, Ratten, Bakterien und vieles mehr, bewusst geworden, über die wir uns vorher gar keine Gedanken gemacht haben.

Ebenso sind wir über die Häftlingshierarchie aufgeklärt worden. Die Häftlinge, die am längsten schon dort waren und die eine sehr niedrige Häftlingsnummer hatten, hatten ein gewisses Ansehen unter den Mithäftlingen. Manche von ihnen haben ihre Macht ausgenutzt, indem sie zum Beispiel bei der Essensausgabe ihren Bekannten als erstes die Suppe gegeben haben. Die Personen zum Schluss bekamen mit Glück eine alte Kartoffelschale oder  letze Gemüsestückchen und nur noch die braune Brühe. Daher hatte man als Häftling eine bessere, beziehungsweise höhere Lebenschance, wenn man eine gute Verbindung mit diesen „alten Häftlingen“ pflegte.

Zwischendurch erzählte uns unser Guide Roland bemerkenswerte und schönere Geschichten von mutigen Menschen, wie zum Beispiel von Adélaide Hautval, die als französische Ärztin in Auschwitz u. a. mit Mengele arbeiten sollte, sich aber weigerte und sich stattdessen für  jüdische Häftlinge einsetzte.

Eine weitere Station auf unserem langen Rundgang war das „Theresienstädter Familienlager“. In diesem Teil des Lagers wurden Familien aus dem Vorzeigekonzentrationslager Theresienstadt untergebracht. Für diesen Teil des Lagers  hieß es „Sonderbehandlung in 6 Monaten“, das wussten die Insassen aber nicht. Sonderbehandlung ist „Nazisprache“ und bedeutet Vergasung. In dieser Sektion des Lagers Birkenau durften tatsächlich die Familien zusammenbleiben. Der Sinn dahinter war, dass die Familien Postkarten an Verwandte schreiben sollten, in denen stand, dass es ihnen in Birkenau gut ginge. Nach Ablaufen der 6 Monate wurden die Familien dann genauso vergast wie alle anderen Häftlinge.

Wir erfuhren außerdem viel über Freddy Hirsch. Dieser lebte auch in Birkenau und hat sich sehr um den Kinderblock gekümmert. Freddy Hirsch sollte dann mit den Häftlingen im Familienlager, einen Aufstand organisieren. Doch vor Verzweiflung und Angst diesem Auftrag nicht gewachsen zu sein, nahm er sich das Leben. Daher konnte dieser Aufstand nicht stattfinden.

Danach gingen wir in die den Block der Strafkompanie und in das sogenannte „Zigeunerlager“. Hier hat der bekannteste KZ-Arzt in Auschwitz, Josef Mengele, Kinder der Sinti und Roma für seine pseudomedizinischen Versuche selektiert. Im sog. „Zigeunerlager“ schauten wir uns das dortige Mahnmal an. Die Juden, die in der Strafkompanie arbeiteten, mussten die vergasten Leichen aus den Krematorien herausholen und ihnen die Goldzähne herausbrechen, ggf. die Haare scheren und sie schließlich in den Öfen verbrennen.

Abends, als wir wieder in der Jugendbegegnungsstätte waren, haben wir uns dann mit der Täterfrage auseinandergesetzt.  – Wer waren die Täter? Wie lebten sie? Und vor allem wie kann man Kindern, Frauen und Männern so etwas Unvorstellbares und Grausames antun? Wieso sind Menschen zu solchen Tätern geworden? Wir lernten etwas über Rudolf Höß, Irma Grese, Karl Höcker und Josef Mengele, indem wir uns mit ihren Biografien beschäftigten. Wir lasen  auch Auszüge aus den Verhören dieser Täter und waren schockiert, weil alle – sogar der Lagerkommandant Höß – behauptete, er hätte nicht gewusst, was genau in seinem Lager geschieht. Wir waren alle ziemlich nachdenklich.

Anschließend beendeten wir den Abend mit einer kleinen Reflexionsrunde.

Fortsetzung folgt …

LeAnn Diestel und Paula Lücke, 12c

Sonntag, 19.9.

Am heutigen Tag sind wir wie immer früh aufgestanden und nach dem Frühstück um 8:30 Uhr noch einmal zum ehemaligen Konzentrationslager Birkenau gefahren. An unserem zweiten Tag in Birkenau war das Thema unserer Führung: Birkenau in seiner Funktion als Vernichtungslager. Als wir aus dem Bus ausgestiegen sind, war es sehr kalt und alle waren noch ein bisschen müde. Die Stimmung war bedrückt und es wurde nicht viel untereinander geredet. Wir hatten einen großen Strauß roter Rosen dabei und sind zu Fuß zum sog. Weißen Haus gegangen. Von diesem „Weißen Haus“ waren nur ein paar kaputte Ziegelsteine und die Grundmauern übriggeblieben. Hinter einem Zaun befand sich eine grüne Wiese und drei große Gedenksteine.

Roland berichtete, dass dies die Überreste des sog. Weißen Hauses seien, benannt nach der ehemaligen Außenfarbe des Hauses. Das Weiße Haus wie auch das Rote Haus waren früher alte Bauernhäuser, die 1942 zu provisorischen Gaskammern umfunktioniert wurden. Die Häuser wurden luftdicht isoliert, sodass die Nazis hier Tausende jüdischer Menschen mit Zyklon B vergasen konnten. Die Menschen mussten sich draußen ausziehen und wurden dann zu mehreren Hunderten in die Gaskammer getrieben. Ein Sonderkommando, was aus Häftlingen  bestand, musste die Toten auf die Wiese tragen. Dort wurden ihnen noch die Goldzähne herausgebrochen, sie wurden dann verbrannt und in einem riesigen Massengrab verscharrt. Genau hier wurden auch die Lübecker Geschwister Hanna und Herrmann Mecklenburg ermordet. Wir waren alle sehr berührt und  sehr in uns gekehrt, weil wir uns im Vorfeld zu dieser Fahrt sehr intensiv mit einigen Lübecker Familien beschäftigt hatten, besonders auch mit dem Geschwisterpaar Mecklenburg.

Lucja Nara hat dann einen Brief an Peter Mansbacher, den sie im Vorfeld der Fahrt aus der Perspektive eines Freundes geschrieben hatte, verlesen. LeAnn hat ihren Brief an Margot Prenski vorgelesen. Christoph hat ein paar Worte an  die Geschwister Hanna und Hermann Mecklenburg gerichtet. Mira hat dann einen Bericht eines Augenzeugen der Vergasungen vorgetragen.

Wir haben dann alle eine rote Rose an den Gedenksteinen am Weißen Haus niedergelegt, und dabei an die vielen Ermordeten an diesem Ort gedacht. Die Stimmung nach dem Gedenken war bei uns allen sehr bedrückt.

Nach dem Gedenken sind wir zu dem großen Denkmal auf dem Gelände von Birkenau gegangen. Das Denkmal wurde in den 60er Jahren dort errichtet, wo die beiden größten Gaskammern gestanden hatten. Von den Gaskammern sind nur noch Ruinen übrig, denn die Gaskammern wurden von der SS kurz bevor die Rote Armee Auschwitz befreit hat, gesprengt. Man wollte Beweise vernichten. Das Denkmal besteht aus mehreren Schrifttafeln in Bronze – auf jeder Tafel steht die gleiche Inschrift, aber in vielen verschiedenen Sprachen. Jede Sprache repräsentiert das Land ggf. die Länder, die viele Holocausttote zu beklagen hatten. Das Denkmal dort ist riesig. Auch dort lagen frische Schnittblumen auf den Bronzetafeln.

Danach sind wir über das Gelände gegangen zu der sogenannten ,,Sauna”. In der „Sauna“ vollzog sich die Aufnahme der neuen Häftlinge. Hier durchliefen die Häftlinge verschiedene Stationen, wo sie registriert, geduscht, rasiert, desinfiziert und mit der Häftlingskleidung versehen wurden. Im letzten Raum war eine riesige Fotowand. Zu sehen waren viele Einzel- und Familienfotos aus den Beständen der Häftlinge, die ihnen hier abgenommen wurden. Die Fotos zeigten den früheren Alltag der jüdischen Familien, Fotos von Kleinkindern, Kindern beim Spielen, Hochzeitsfotos, Fotos vom Urlaub, Fotos von der Einschulung, von Familienfeiern – Fotos von Menschen unterschiedlicher gesellschaftlicher Schichten. Alle diese Menschen, die diese Fotos mitgebracht hatten, wurden hier getötet.

Wir alle kennen die gigantischen Zahlen der ermordeten Menschen. Diese Fotos auf diesen riesigen Stellwänden zeigten, dass alle diese Menschen, die hier gelandet waren, Familien hatten, ein Leben hatten, uns wurde noch einmal bewusst, dass jeder Ermordete eine individuelle Geschichte hatte. 

Einzelnen von uns standen Tränen in den Augen. Ein sehr bewegender Ort, der lange auf uns nachwirkte.

Roland führte uns dann noch zu den Krematorien II + III, die von den Nazis bei ihrer Flucht ebenfalls gesprengt wurden, und erklärte die einzelnen Funktionsabschnitte, die wir in der Nachbildung im Museum des Stammlagers gesehen hatten. In der Wirklichkeit waren die Dimensionen gewaltig, die Ruinen stehen noch so, wie sie die Rote Armee am  27. Januar 1945 vorgefunden hat.

Bei den Krematorien IV + V berichtete Roland von der letzten großen Vernichtungsaktion im Sommer 1944, in der über 300 000 jüdische Ungarn ermordet wurden. Am 7. Oktober 1944 gab es einen bewaffneten Aufstand des Sonderkommandos, das Krematorium IV wurde dabei teilweise zerstört. Die SS schlug den Aufstand nieder und hat über 400 Beteiligte anschließend ermordet.

Auf verschlungenen Wegen kehrten wir zurück zu unserem Bus.

Nach dem Mittagsessen in der Begegnungsstätte in Oswiecim räumten wir unsere Zimmer und fuhren mit dem Bus zur Franziskanerkirche der Unbefleckten Mutter Gottes in Harmeze. Dort im Kellergewölbe gab es eine riesige Ausstellung des Auschwitzüberlebenden Marian Kolodziej, der die Häftlingsnummer 432 trug. Er arbeitete in den verschiedensten Einheiten: Abbruchkommando, Kiesgrubenkommando, Straßenkommando, Industriehof II-Bauhof. Nach dem Krieg studierte er Kunst und hat als Bühnenbildner gearbeitet. Erst 50 Jahre nach Kriegsende war er in der Lage über das Erlebte in Auschwitz zu sprechen. Er verarbeitete das Grauen, in dem er das Erlebte zeichnete. Es entstand die Ausstellung „Klischees der Erinnerung. Labyrinthe“, ein unglaubliches Werk von Bleistiftzeichnungen. Wir wurden von einem Franziskanermönch durch das riesige Kellergewölbe geführt. Es waren so viele Zeichnungen dort ausgestellt, dass jeder freie Raum an den Wänden belegt war. Teilweise waren die Bilder riesig, voller Details, erschütternd und auch diese Bilder haben uns alle sehr sehr nachdenklich gestimmt.

Danach führen wir weiter nach Krakau. Dort bezogen wir in einem Hotel in der Innenstadt unsere Zimmer. Wir hatten dann abends vor dem Abendessen eine Stunde Freizeit und sind  in Kleingruppen durch die wunderhübsche Innenstadt von Krakau geschlendert, haben einen Blick in die berühmten Markthallen geworfen und haben uns dann in einem italienischen Restaurant zum Abendessen getroffen.

Es war schön, nach diesen vielen traurigen Eindrücken während des Tages durch die beleuchtete Altstadt von Krakau zu gehen. Nach dem Abendessen sind wir alle zusammen zum Hotel zurückgegangen. 

Jette Flebbe und Cecil Sailer, 11. Jg.

Fortsetzung folgt …

 

Montag, 20.09.2021

Begonnen hat unseren Tag in Krakau mit einem Zeitzeugengespräch mit Lidia Maximovic. Sie ist als 3 Jährige nach Auschwitz-Birkenau in die Kinderbaracke gekommen. Sie stammte aus Ostpolen nahe der Grenze zur Sowjetunion, ein Gebiet, in dem viele Partisanen kämpften. Die Familie kam nach Auschwitz-Birkenau nicht weil sie Juden waren, sondern weil in ihrem Gebiet Partisanen den Widerstand gegen das NS-Regime gewagt hatten.  Lidia  wurde von ihrer Mutter getrennt, ihre Mutter kam ins Frauenlager. Während ihrer Zeit im Lager war sie ein Versuchsobjekt für den Lagerarzt Josef Mengele. An ihr wurden Versuche mit Impfstoffen und mit Augentropfen zur Änderung der Augenfarbe durchgeführt. Bis zum heutigen Tag leidet sie an den Spätfolgen dieser medizinischen Experimente. Kurz vor der Befreiung durch die Rote Armee wurde ihre Mutter auf einen Todesmarsch in Richtung Westen geschickt und endgültig von ihrer Tochter getrennt. Berührend war die Episode als Lidia erzählte, dass sich ihre Mutter kurz vor der Abreise mehrmals zur Kinderbaracke schlich (was lebensbedrohlich war) und ihrer kleinen Tochter einbläute, wie sie heiße und wann sie geboren sei. Die Mutter wollte verhindern, dass das Kind ohne Identität aufwachsen müsse. Erst 17 Jahre nach der Befreiung und nach zahlreichen fehlgeschlagenen Findungsversuchen fanden die zwei sich letztendlich wieder. Lidia war nach der Befreiung von Auschwitz-Birkenau von einer polnischen Familie adoptiert wurde. Sie dachte, ihre Mutter sei nicht mehr am Leben. Nachdem Mutter und Tochter wieder zusammengeführt wurden, was ein riesiges Medienevent damals war, ging Lidia wieder zurück zu ihrer Adoptivfamilie nach Polen, während ihre Mutter in Moskau blieb. Das Gespräch war sehr berührend, und besonders ihre Geschichte nach der Befreiung nahm uns alle sehr mit. Anschließend hatten wir noch eine anregende Fragerunde und machten noch ein gemeinsames Erinnerungsbild.

Nach dem Gespräch sind wir zum Ghettoplatz gegangen und haben über die Geschichte des jüdischen Ghettos in Krakau und des Ghettoplatzes gesprochen. Dabei haben wir erfahren, wie das Ghetto aufgebaut war, wie es organisiert wurde und wie die Lebensbedingungen dort waren. Das Ghetto wurde genutzt, um alle Juden aus Krakau dort auf viel zu engem Raum einzupferchen und anschließend nach und nach in verschiedenste Konzentrations- und Vernichtungslager zu transportieren. Diese Informationen waren neu für uns und wir waren alle wieder einmal sehr erschüttert von der Grausamkeit des NS-Regimes.

Daraufhin sind wir mit der Straßenbahn zum Lager Placzow gefahren, welches man vielleicht aus dem Film Schindlers-Liste kennen könnte. Vom Lager selbst ist eigentlich nichts mehr zu sehen, lediglich das Haus der Kommandatur steht noch auf dem ehemaligen Gelände. Wir haben viel über die Geschichte des Lagers erfahren und haben über den Lagerführer Amon Göth gesprochen, welcher sehr berüchtigt war und die Häftlinge sehr grausam behandelte.

Die Fahrt ließen wir abends mit einem leckeren Essen in einem jüdischen Restaurant ausklingen. Eine Klezmer-Band spielte jiddische Live-Musik. Um 22 Uhr haben die Heimreise angetreten. Diese war erst am nächsten Tag um fast 13 Uhr zu Ende.

Nach dieser anstrengenden Fahrt waren wir alle einerseits glücklich, dass wir nun endlich in unsere Betten steigen konnten, wir waren aber auch traurig, dass nun unsere Fahrt zu Ende ging. Nach einem abschließenden Auf-Wiedersehen mit neu gefundenen Freunden, fuhren wir schließlich alle sehr müde, sehr nachdenklich und mit unglaublich vielen neuen und nicht immer leicht zu verdauenden Eindrücken nach Hause. Auschwitz-Birkenau – das ist uns nun allen klar geworden – ist ein schweres geschichtliches Erbe – das, was in vielen von uns vorging, ist schwer in Worte zu fassen.

Jannis Walz und Christoph Speer, Q2b