Am Freitagabend (10.11.17 um 20.30 Uhr) machten sich 21 Schülerinnen und Schüler der Cesar-Klein-Schule aus den Jahrgängen 10-12 mit Frau Düppe und Herrn Knebel auf den Weg zur ersten Gedenkstättenfahrt nach Auschwitz (heute polnisch Oswiecim). Die SuS hatten eine Bewerbung geschrieben, in der sie ihre Motivation darstellten, warum sie mitfahren wollten. Die meisten schrieben von ihrem geschichtlichen Interesse angeregt von Elternhaus, Schule und Erzählungen von Großeltern. Sie wollten sich den historischen Ort ansehen, der synonym für den Massenmord insbesondere an den Juden durch das nationalsozialistische Deutschland steht.
Die SuS hatten sich während der Schülertage vor den Sommerferien auf die nicht einfache Thematik vorbereitet und als Gruppe zusammen gefunden. Nach einer allgemeinen Einführung fuhren wir per Fahrrad den letzten Teil der Strecke des Todesmarsches von Fürstengrube nach Holstein ab, der von Lübeck bis Neustadt mit Stelen an dieses Ereignis erinnert. In Ahrensbök informierten wir uns über die Gedenkstätte und den Todesmarsch.
Am dritten Tag besuchten wir das Cap-Arcona-Museum in Neustadt, das an den Untergang des Schiffes und die toten Häftlinge erinnert, die vom KZ Neuengamme auf das Schiff gebracht wurden.
Die Fahrt nach Auschwitz wurde organisiert von der Stätte der Begegnung in Vlotho. Monika, Lysett und Moritz begleiteten uns, sie hatten ein umfangreiches Programm für uns vorbereitet.
Nach einer anstrengenden Nachtfahrt kamen wir am Samstagmorgen um kurz vor 9 in Oswiecim in der internationalen Jugendbegegnungsstätte an. Nach dem Frühstück und der Zimmerverteilung trafen wir uns zu einer kurzen Vorstellungsrunde und einem Austausch unserer Erwartungen. Nach dem Mittagessen gingen wir den kurzen Weg zum Stammlager (Auschwitz I). Als angemeldete Gruppe konnten wir an den Warteschlangen der anderen Besucher recht zügig vorbeigehen. Unsere Gruppe teilte sich in zwei Gruppen auf, die von polnischen Guides durch das Lager geführt wurden.
Das Stammlager haben die Nazis nach dem Überfall auf Polen im Mai 1940 als Gefangenenlager für polnische Häftlinge auf einem ehemaligen Kasernengelände der polnischen Armee eingerichtet. In der Anfangszeit wurden in den eingeschossigen Steingebäuden vor allem polnische Geiseln, Widerstandskämpfer und Angehörige der polnischen Intelligenz gefangen gehalten, die aus Sicht der Besatzer im Interesse der Herrschaftssicherung ermordet werden sollten. Später wurden politisch und rassistisch Verfolgte aus ganz Europa sowie sogenannte „Asoziale“, „Sicherheitsverwahrte“, „Kriminelle“ und Zeugen Jehovas („Bibelforscher“) nach Auschwitz verschleppt.
Wir wurden durch die Ausstellung geführt, in der wir Häftlingsunterkünfte, Arrestzellen, den Appellplatz, die sog. „schwarze Wand“ (für Erschießungen) und viele Informationen in Wort und Bild sehen konnten.
Am stärksten berührt waren die meisten von den Dingen, die von den Inhaftierten stammten: 2 t menschliches Haar, das zu Filz verarbeitet wurde, unzählige Brillen, Schuhe, Koffer, Geschirr u.a.m. Am Schluss der 3-stündigen Führung stand ein wortloser Gang durch das Krematorium I mit Gaskammer und Verbrennungsöfen, das von den Nazis nicht mehr gesprengt werden konnte (im Gegensatz zu den Krematorien II-V in Auschwitz-Birkenau), als sie Auschwitz vor der herannahenden Roten Armee fluchtartig verlassen mussten. Nach Rückkehr in der Begegnungsstätte waren wir kaum in der Lage, unseren Gedanken Ausdruck zu verleihen.
Am nächsten Tag fuhren wir mit dem Bus in das 3 km entfernte Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau (Auschwitz II). Rudolf Höß, der erste Kommandant,
sollte hier den Beschluss der Wannsee-Konferenz vom Januar 1942 zur „Endlösung der Judenfrage“ – die Vernichtung der europäischen Juden – in die Tat umsetzen.
Als Besucher ist man von der Dimension des Lagers (172 ha) beeindruckt. Von den 300 Baracken stehen vielleicht noch 30. Einige kann man besichtigen. Man sieht die heute aufgeräumten dreistöckigen Holzbettgestelle, in denen bis zu 800 Menschen vegetierten. Die Vorstellungskraft reicht nicht aus, um sich auszumalen, was die Inhaftierten hier erleiden mussten.
Besonders beeindruckend war für uns die Kinderbaracke mit naiven Zeichnungen von einem idyllischen Kinderleben, von dem die inhaftierten Kinder nur träumen konnten, wenn sie es jemals erlebt hatten. Andere Orte kannten einzelne bereits von Bildern, die „Rampe“, wo die Selektionen von der SS-Wachmannschaft und den Lagerärzten vorgenommen wurden, die Ruinen der gesprengten Krematorien und die Orte, an denen Leichenverbrennungen stattgefunden haben und Teiche und Wiesen, wo die Asche entsorgt wurde.
Auch nach dieser 4-stündigen Führung war den wenigsten nach „Gedankenaustausch“ zumute. Am späten Nachmittag und Abend haben wir in Kleingruppen einzelne Themen vertiefend bearbeitet: Lagerarzt Dr. Mengele, der Assistent von Dr. Mengele, Kinder in Auschwitz, Fluchtversuche, Sexualität und Lagerbordell, Esther Bejarano und das Mädchenorchester und Wissen der Alliierten über Auschwitz und anschließend die Ergebnisse präsentiert.
Am Vormittag des dritten Tages konnten die SuS zwischen zwei Angeboten wählen: Besuch der Ausstellung „Bilder im Kopf“ oder den Workshop „Die Bedeutung der Kunst im KL Auschwitz“. Von beiden Angeboten waren die SuS berührt und erzählten sich anschließend gegenseitig von ihren Eindrücken. Anschließend sahen wir uns die Videodokumentation „Sklaven der Gaskammern“ über das „Sonderkommando“ an. Überlebende erzählten hier von ihren grausamen Erfahrungen und dem Stigma, das sie ein Leben lang verfolgte, zu „Handlangern“ der Nazis verurteilt worden zu sein.
Im Nachmittag führte uns eine Freiwillige der Jugendbegegnungsstätte durch das heutige Oswiecim, dabei besichtigten wir das jüdische Museum und die Synagoge.
Am späten Nachmittag fuhren wir zur nächsten Station nach Krakau, wo wir nach dem Einchecken im Hotel durch die abendliche Stadt streiften und in der Trattoria Soprano lecker essen gingen.
Am nächsten Morgen nach einem tollen Frühstück trafen wir im jüdischen Museum die Zeitzeugin Frau Lidia Maksymowicz. Für viele aus der Gruppe war das der Höhepunkt der Fahrt. Frau Maksymowicz erzählte, dass sie als Dreijährige mit ihrer Mutter nach Auschwitz kam. Sie erzählte so anschaulich und berührend, dass vielen von uns die Tränen in den Augen standen. Sie ist eine von den knapp 200 Kindern, die Auschwitz überlebt haben, mehr als
200 000 Kinder sind in Auschwitz ermordet worden. Überlebt hat sie nur, weil Dr. Mengele sie wie viele andere Kinder für seine unmenschlichen medizinischen Versuche ausgewählt hatte. Nach der Befreiung wurde Lidia von einer polnischen Familie adoptiert, heute ist sie letzte Überlebende, die noch in Krakau lebt.
Anschließend wandelten wir auf den Spuren des jüdischen Lebens in Krakau. Nach einer kurzen Mittagspause ging es mit mehreren Melex (sog. Elektrowagen) zum Historischen Museum in der ehem. „Schindler-Fabrik“ zur Ausstellung „Krakau zwischen 1939-1945“. Dieses neu eingerichtete Museum begeisterte viele von uns durch die moderne, multimediale Aufmachung.
Zum Abschluss stand auf dem Programm „Jüdische Kultur heute“. Dazu trafen wir uns im „Klezmer Hois“ zu einem jüdischen Essen mit Livemusik.
Danach fuhren wir mit dem Bus durch die Nacht wieder zurück nach Ratekau, wo wir am nächsten Morgen etwas übernächtigt um 10 Uhr wieder eintrafen.
Für uns alle wird die Fahrt noch lange (viele sagten für immer) in Erinnerung bleiben und alle waren sich darüber einig, dass so etwas wie in Auschwitz nie wieder passieren darf und wir Nachgeborenen die Aufgabe haben, die Erinnerung daran wach zu halten.